Interview mit Paul Frielinghaus

Interview mit Paul Frielinghaus 

"Die Blockausstrahlung reduziert uns auf ein Weekly-Format!"

 

Paul Frielinghaus, 1959 in Darmstadt geboren und in Hessen aufgewachsen, studierte 1980 bis 1984 Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Seine Anfängerjahre am Theater verbrachte er am Stadttheater Würzburg, wo er unter anderem den Romeo und viele andere Klassiker, aber auch moderne Stücke spielte. Seit 1988 lebt er in Berlin und spielt unter anderem an der dortigen Freien Volksbühne. Freie Theaterproduktionen brachten ihn in einem deutsch-japanischen Projekt bis nach Japan und Tashkent. Diese Produktion erhielt den Preis des internationalen Theaterfestivals Ost-West in Tashkent. Einem breiteren Publikum wurde Paul Frielinghaus als Lehrer in der Serie „Nicht von schlechten Eltern“ sowie in der ZDF-Serie „girl friends“ ein Begriff. Zuletzt stand er in den Produktionen „Männer sind wie Schokolade“, „Jets – Leben am Limit“ und „SOKO 5113“ vor der Kamera. In dem Fernsehfilm „Der Richter und das Mädchen“ spielte er einen Staatsanwalt – vielleicht eine gute Vorbereitung für „Ein Fall für zwei“ –, in „Unser Charly“ einen Kommissar. Einen kleinen Auftritt hatte er in dem im Januar 2000 gedrehten Kinofilm „Zoom“ von Otto Alexander Jahrreiss. Seit der Episode „Morgen bist du tot“ (Erstausstrahlung: 22. Dezember 2000) ist er der vierte Partner von „Matula“ Claus Theo Gärtner in „Ein Fall für zwei“. Beim Pressetermin in Köln mussten beide einen sechsstündigen Interviewmarathon absolvieren. „Linse“-Herausgeber Dirk Döppenbecker durfte davon 20 Minuten für sich beanspruchen und bekam die Bereitschaft zu einem weiteren Treffen signalisiert – vielleicht zur 250. Folge, die im nächsten Jahr ausgestrahlt wird.

? Herr Frielinghaus, 60 Folgen sind Sie jetzt schon als Dr. Markus Lessing der Partner von „Matula“ Claus Theo Gärtner in „Ein Fall für zwei”. Damit haben Sie nach Rainer Hunold die meisten Folgen mit ihm gedreht. Werden Sie dessen 90 Folgen noch toppen?

Paul Frielinghaus: So etwas kann man sich gar nicht vornehmen. Es kann gut sein, dass es einfach passiert, so wie es auch Claus Theo passiert ist, der nur sechs Folgen machen wollte und inzwischen weit über 200 gemacht hat. Ich bin weiter gerne dabei, freue mich auf unser großes Jubiläum im nächsten Jahr, wenn die 250. Folge produziert wird und hoffe sehr, dass wir auch eine besondere Folge machen können, dass das ZDF das auch wirklich als was Besonderes angeht. Ich sag’s mal so: Solange die Bücher so geschrieben sind, dass auch die Figur des Anwalts gut bedient wird, bin ich auch dabei!

 

? Markus Lessing hat einen Hang zur Musik. Ein Drehbucheinfall von Ihnen?

P.F.: Ja, das war mein Vorschlag damals bei den ersten Zusammenkünften mit Produktion und Redaktion, das ich gesagt habe: „Leute, ich spiel zwei Instrumente und es wäre doch naheliegend, wenn man die Konstellation Detektiv gleich Rauhbein, Anwalt gleich studierter Anzugträger, distinguierter Jurist und Feingeist dadurch unterstreicht, dass der Anwalt ein Faible für Musik hat, sowohl im Hören als auch im Ausüben. Und so ist es gekommen, dass der Jazz macht und ich habe deshalb schon zweimal Kontrabass und einmal Cello, zusammen mit einem klassischen Quartett gespielt.

 

? Mit Claus Theo Gärtner sollen Sie sich von Anfang an verstanden haben. Gibt es so etwas wie Freundschaften unter Schauspielern?

P.F.: Ja, dass zwischen Claus Theo und mir eine Freundschaft entstanden ist, die auch über den Altersunterschied hinweg existiert, kann man wirklich sagen. Wir verstehen uns wirklich gut, treffen uns oft auch mal in der Freizeit, rufen uns im Urlaub an und das ist wirklich sehr schön, weil die Arbeit sonst keinen Spaß machen würde. Ich meine, es ist natürlich nicht nur Spaß, sondern auch sehr anstrengend, was wir machen, aber wenn man sich nicht verstehen würde, wäre das über eine so lange Zeit nicht zu machen.

 

? Gerüchteweise sollen Sie im Zweiteiler „Erben und sterben” (1986) schon mal vor ihrem Engegament als Markus Lessing bei „Ein Fall für zwei” einen Polizisten gespielt haben. Stimmt das?

P.F.: Das stimmt. Allerdings ist das der Schere zum Opfer gefallen, was eigentlich ein ganz normaler Vorgang ist, weil die Folgen oft mal ein paar Minuten zu lang sind, bevor sie ins richtige Format gebracht werden. Ich hatte da tatsächlich nur einen Satz, und zwar: „Der Wagen hat das Kennzeichen Frankfurt irgendwas.” Also ich musste nur als Polizist ein Kennzeichen melden und das war verzichtbar und ist wieder rausgefallen. Schade natürlich, denn sonst könnte man sich das aus Spaß mal in der Wiederholung wieder anschauen. Das war ein hochspannender Film unter der Regie von Bernd Fischerauer und ich bin schon sehr traurig, dass ich jetzt nicht dabei war.

 

? Dieser Zweiteiler markierte mit 17,9 Mio. Zuschauern einen Höhepunkt in der Geschichte von „Ein Fall für zwei”. Könnten Sie sich einen solchen Mehrteiler in der Zukunft auch mit Ihnen vorstellen?

P.F.: Ich würde so etwas unheimlich gerne machen. Es ist nur so, dass das ZDF und auch unsere Produktionsgesellschaft davon abgekommen ist, Mehrteiler zu machen, weil sie die Austauschbarkeit der Folgen nicht zerstören wollen. Ein Zweiteiler kann ja nur als Doppelpack gesendet werden und ich schätze, dass auch die Abnehmer im Ausland – vor allem Frankreich und Italien – lieber die austauschbaren Folgen haben wollen, die nach einer Folge abgeschlossen sind. Aber ich persönlich fände es toll, wenn wir das mal wieder machen würden...

 

? Das wäre jedenfalls wirklich mal ein Grund, drei Wochen hintereinander Folgen von „Ein Fall für zwei” zu zeigen. Die Blockausstrahlung von bis zu sechs Folgen seit 2003 an einem Stück und dann ein halbes Jahr Pause kommt weder bei den Zuschauern, noch bei den Schauspielern (Pierre Sanoussi-Bliss, Axel Richter aus „Der Alte” meint: „Blockausstrahlung ist gruselig!”) an. Würden Sie sich dieser Aussage anschließen und meinen Sie nicht auch, dass die Krimis dadurch Ihren Ereignischarakter verlieren?

P.F.: Absolut! Ich bin Ihnen richtig dankbar, dass Sie das ansprechen, sonst hätte ich es nämlich auch getan. Das ist das Einzige, was von diesen echten Verschlimmbesserungen des ZDF leider noch nicht rückgängig gemacht wurde. Die Blockausstrahlung reduziert uns sozusagen auf ein Weekly-Format, wie das die Amerikaner nennen, als welches wir nie gedacht waren. Dann wäre es ja sinnvoller, wir hätten Geschichten, die aufeinander aufbauen und man würde da anknüpfen, wo man in der letzten Folge aufgehört hat. Das ist aber gar nicht unser Format. Es besteht sogar eher die Gefahr, dass sich das ein bisschen beim Zuschauer abnutzt, wenn er es so häufig hintereinander sieht. Diese mehr oder weniger monatliche, vier- bis fünfwöchige Ausstrahlung war viel besser, weil sie die Vorfreude gesteigert und den Abwechslungscharakter, den der Freitagskrimi hatte, garantiert hat. Ich wäre sehr froh, wenn das ZDF das rückgängig macht, weil dieses Format nie so gedacht war und es funktioniert auch besser beim Zuschauer, wenn es in Abständen läuft.

 

? Seit 1. April 2005 hat das ZDF jetzt eineinhalb Jahre die Freitagskrimis sinnlos gekürzt und verstümmelt. Wie ist Ihre Meinung dazu?

P.F.: Das empfand ich als ganz fatale Entscheidung, weil sie uns in eine ganz aberwitzige Situation gebracht hat. Denn wir haben weiter 60 Minuten produziert, da unsere Abnehmer im Ausland, neben Österreich und der Schweiz auch das ganze nicht deutschsprachige Ausland, nach wie vor 60 Minuten haben wollten. Das heißt, wir mussten weiter diese Länge abliefern und dann ist etwas entstanden, was eigentlich künstlerisch überhaupt nicht vertretbar ist. Dass nämlich produktionsfremde Menschen diese Folgen gekürzt haben. Man hätte ja mindestens noch garantieren müssen, dass der Regisseur, der für eine Folge verantwortlich zeichnet, den ZDF-Schnitt dann abnehmen darf, denn da wird ja sozusagen in sein Handwerk hinein gearbeitet, wenn nicht gar hinein gepfuscht. Deswegen ist das eigentlich überhaupt nicht vertretbar. Ich glaube auch, dass der Regieverband binnen Kürze sich da auch noch zu Wort gemeldet hätte. Wir sind ja jetzt sehr erleichtert, dass das wieder vom Tisch ist und ich bin auch Ihnen dankbar, dass Sie schon ganz frühzeitig in der „Linse” darüber geschrieben, geklagt und angemahnt haben.

 

? Für mich gehört das zur journalistischen Sorgfaltspflicht, die ich im deutschen Blätterwald – mit Ausnahme des „Focus” – vermisse. Zurück zum Schauspieler Paul Frielinghaus: Ihre Wurzeln liegen im Theater (Stadttheater Würzburg) – hätten Sie mal wieder Lust auf Theater?

P.F.: Auf jeden Fall. Im Moment erlaubt es einfach der Zeitplan nicht, weil wir mit dem „Fall für zwei” eigentlich fast das ganze Jahr abdecken. Es bleibt eine drehfreie Zeit im Winter, die man aber auch braucht, um sich ein bisschen zu regenieren. Theaterproduktionen würden mit Proben- und Vorstellungszeit da einfach nicht hineinpassen. Aber wenn der „Fall für zwei” für mich mal ein Ende hat, wird Theater wieder auf dem Spielplan stehen.

 

? Das ZDF hat jetzt zwei weitere 60-minütige Freitagskrimiformate in Arbeit („Stolberg” und „Krimi Berlin”). Kann es sein, dass von den Klassikern „Der Alte”, „Siska” und eben „Ein Fall für zwei” in Zukunft weniger Folgen pro Jahr gedreht werden? Dann hätten Sie auch wieder Zeit fürs Theater...

P.F.: Ob das sein kann, weiß ich nicht. Ich denke mal, das Formate ersetzt werden und vielleicht werden auch eines Tages wir ersetzt werden, aber im Moment ist daran nicht zu denken.

 

? Kollege Gärtner hat schon mehrmals Regie geführt bei „Ein Fall für zwei”. Würde Sie das auch reizen?

P.F.: Komischerweise würde mich das beim „Fall für zwei” nicht so reizen. Da würde es mich eher reizen, ein Drehbuch zu schreiben, was ich bisher leider noch nicht geschafft habe. Regie führen würde ich lieber in einem anderen Genre, als beim „Fall für zwei”, dessen Format in seiner Ästhetik stark festgelegt ist. Ich würde lieber experimentellere Sachen machen wollen.

 

? Inzwischen wird der Nachspann nicht nur bei den Privatsendern, sondern zu 90 Prozent auch beim ZDF gekappt – die Crewangaben laufen als Laufband in einer Nanosekunde unten am Bildschirm entlang. Was halten Sie von dieser Unsitte, vor allen Dingen, wenn sie auch bei den 60-minütigen Freitagskrimis zum Einsatz käme – bei den 45-Minütern ist das ja schon gang und gäbe?

P.F.: Ich habe auch schon bei uns verkürzte – leicht verkürzte – Nachspänne gesehen – bei denen er schneller durchläuft. Ich finde es bedauerlich, denn auch andere Leute, nicht nur wir Hauptdarsteller, arbeiten hart für so ein Format und haben es verdient, erwähnt zu werden und es sollte auch eine Chance geben, dass sie werden. Ich finde dieses überall Zeit sparen wollen eigentlich unselig. Ich schaue deshalb privat auch viel lieber fast ausschließlich öffentlich-rechtliche Programme, wozu ich jetzt natürlich auch „arte” und „3sat” zähle, weil mich dieses auf Zapping eingestellte und dann noch mit Werbung durchschossene Programm völlig verrückt macht. Ich bin jemand, der sehr gerne gezielt schaut, nicht so nach dem Zufallsprinzip Fernsehen guckt, ich gehöre sogar zu den Leuten, die noch in eine Programmzeitschrift gucken, bevor sie den Fernseher anmachen. In kurzen Worten: Ein Fernsehprogramm muss nicht so hektisch sein und überall eine Sekunde sparen, vor lauter Angst, es könnte einer wegzappen. Die Leute sollen ruhig mal Luft holen dürfen und nicht in Panik verfallen, dass sie was verpassen. Aber komischerweise hat sich da so ein Wettbewerb ergeben, wer ist schneller, wer ist dichter... Ich bräuchte diese Hektik gar nicht, aber vielleicht bin ich da ein bisschen altmodisch...

 

? Wenn Sie Ihre bisherigen Rollen (unter anderem in „Nicht von schlechten Eltern”, „Girl Friends”, „Parkhotel Stern”) Revue passieren lassen, an welche haben Sie die schönste Erinnerung?

P.F.: Ich habe wirklich schöne Erinnerungen an „Nicht von schlechten Eltern”, weil das mein Einstieg in eine erste größere und durchgehende Rolle, fast eine Hauptrolle war; wenn sie auch nicht zum engsten Kreis gehörte, war es doch eine Figur, die immer wieder vorkam. Das war eine besondere Zeit, vor allem die erste Staffel, in der auch Freundschaften entstanden sind.

 

? Haben Sie noch Kontakt zu Tina Ruland?

P.F.: Keinen so dichten Kontakt mehr wie früher, aber wann immer wir uns – zum Beispiel auf einem Filmfest – sehen, sprechen wir miteinander. Jetzt ist sie ja auch Mutter, ich bin Vater geworden inzwischen. Und damals haben wir mal Eltern gespielt, hatten nach den Babies in der dritten Staffel einen ganz süßen fünfjährigen als Sohn. So ist aus der Fiktion Realität geworden und darüber haben wir schon gemeinsam gelacht.

 

? Gibt es Unterschiede in der Produktionsweise zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendungen?

P.F.: Eigentlich nicht. Das ist eine Frage des Programmplatzes. Auch SAT.1 macht Serien, die sehr sorgfältig gedreht werden. Aber jeder Programmplatz hat ein anderes Budget, andere Regisseure. In der Vergangenheit wurde da sowohl sehr Gutes, als auch sehr Billiges produziert. Aber auch die öffentlich-rechtlichen sind ja inzwischen mit den Daily-Soaps in das leichtere Genre gegangen, um da mitzuhalten. Das was die Qualität einer Fernsehproduktion am meisten ausmacht, ist die Zeit, in der sie erstellt werden muss, wieviel Minuten am Tag erstellt werden müssen.

 

? Wieviele Drehtage hat „Ein Fall für zwei”?

P.F.: Wir haben immer noch 13 bis 14 Drehtage, es schwankt. Aber damit stehen wir noch sehr gut da im Vergleich. Trotzdem mussten auch wir schon kürzen und sehen, dass wir es in einem Tag weniger schaffen, was im ZDF-Etat begründet liegt. Das kann man verstehen, weil die Branche ja auch einen großen Knick erlebt hat, Werbeeinnahmen weggebrochen sind. Das trifft dann selbst das ZDF, obwohl es gebührenfinanziert ist, auch.

 

? Wie gehen Sie mit Kritik um?

P.F.: Es kommt drauf an. Kritik schaue ich mir auf jeden Fall an, nehme sie wahr und schaue mir an, ob sie berechtigt ist. Es gibt ja auch Kritik, die völlig ignorant ist, wo ich mir nichts draus mache, sondern denke, „Der hat seinen Job nicht gut gemacht.” Aber es gibt auch Sachen, die beschäftigen mich und fließen vielleicht auch ein in meine Arbeit. Man muss halt immer schauen, was ist dran an der Kritik.

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